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back...Ein unbekanntes Filmdokument aus dem Prozess gegen die Aufseherin des Lagers in der Przemysłowa-Straße.

„Wizja lokalna” / „Tatortbesichtigung” – lautet der Titel eines Dokumentarfilms, der im Herbst 1972 während des Prozesses gegen eine der Aufseherinnen des Lagers in der Straße Przemysłowa, Eugenia Pol (1923-2003), in Łódź (Lodsch) entstanden ist. Im Film treten die Angeklagte selbst sowie einige der damaligen Häftlinge des Lagers auf. Eine der Aufnahmen zeigt das historische Gelände des Lagers, auf dem die Filmschöpfer die detaillierten Erinnerungen der Überlebenden festgehalten haben, ähnlich wie bei einer Tatortbesichtigung – woher auch der Filmtitel stammt. Eine andere Aufnahme zeigt eine Haftzelle, von der aus die 49-jährige Folterin sich zu denselben Ereignissen äußert. Die Aussagen der Pol und der Überlebenden werden unkommentiert präsentiert – die Dokumentation stellt eine auf zwei Ebenen, parallel sich aufbauende Erzählung dar, die den Zuschauern Freiraum für ihre eigenen, subjektiven Schlussfolgerungen überlässt.

Der Regisseur Zbigniew Kamiński, der die Erzählungen der Eugenia Pol mit der Version der Opfer zusammenstellte, war ein Student des Studienganges Regie an der Lodscher PWSFTviT (Staatlichen Hochschule für Film, Fernsehen und Theater). Der Film des jungen Filmemachers, der durch Telewizja Polska (Polnisches Fernsehen) produziert wurde, hatte aber vergeblich auf seine Zugänglichmachung einem breiten Zuschauerkreis gewartet, denn es gab keine Premiere, keine Fernsehausstrahlung, ja es wurden für ihn noch nicht einmal Vorspann noch Nachspann vorbereitet. Er wanderte direkt in das Archiv von TVP.

Zu Beginn der Existenz des Museums der Polnischen Kinder – Opfer des Totalitarismus lagen noch keine Informationen über den Film „Tatortbesichtigung“ vor, es waren keine Daten und Namen bekannt, und man wusste überhaupt nicht, dass es einen solchen Film gibt. Urszula Grenda, eine Überlebende aus Posen, erinnert sich bis heute an die Arbeit auf dem Filmset und an ihren mehrtägigen Aufenthalt in Łódź. Sie war es, die uns auf die erste Spur führte, dank welcher das Museum der Polnischen Kinder im Herbst 2021 eine Kopie des Films fand und die Lizenz für seine erste öffentliche Präsentation erlangte. Eine große Hilfe haben wir auch von Jadwiga Skawińska erhalten, die damals die Funktion der Filmproduktionsleiterin innehatte. Die Prämiere fand am 1. Dezember 2021 im Kinosaal des Lodscher Kulturhauses, am 79. Jahrestag der Einrichtung des Lagers auf der Przemysłowa-Straße statt.

Heute wissen wir mehr über die Kulissen der Entstehung von „Tatortbesichtigung“ und haben die Möglichkeit, dieses Unikat auf unserer Webseite zu präsentieren. Was den Inhalt des Films betrifft, sollte man bedenken, dass seine Realisierung in der ersten Phase des Prozesses gegen Eugenia Pol stattfand, als sie angeklagt wurde, sechs kleine Gefangenen ermordet zu haben, denn schlussendlich wurde sie im Jahr 1976 durch das Oberste Gericht wegen ihrer Beteiligung an der Ermordung von zwei Mädchen verurteilt. Sie verbrachte 19 Jahre im Gefängnis. Ihr mehrere Jahre dauernder Prozess, die häufige Änderung der Aussagen der Zeugen und die jede Gerichtsverhandlung begleitenden Emotionen sind bis heute Gegenstand eines Meinungsstreits und stimmen die Forscher machtlos wegen des Mangels an unwiderlegbaren Beweisen.

Leider wurden bisher noch nicht alle im Film „Tatortbesichtigung“ gezeigten Überlebenden erkannt und identifiziert. Wenn Sie daher Gesichter Ihrer Blutsverwandten oder Bekannten wiedererkennen, wären wir Ihnen für jede Information sehr dankbar.

Titel: „Wizja lokalna” /„Tatortbesichtigung“
Regie: Zbigniew Kamiński
Kamera: Marek Jóźwiak
Montage: Hanna Kłoskowska
Filmproduktionsleiter: Jadwiga Skawińska
Produktion - Telewizja Polska (Polnisches Fernsehen), 1972.

Im Film sind die ehemaligen Gefangenen des Lagers in der Przemysłowa-Straße aufgetreten:
Emilia Kamińska, Urszula Grenda, Apolonia Beda, Gertruda Nowak, Jan Woszczyk, Adam Dzięgielewski.